Aus dem Leben eines Kriminalautors – von Sunil Mann (Teil 7)

Der siebte Teil des Werkstatteinblicks „Wie der neue Vijay-Kumar-Roman entseht“ ist ab sofort auf meiner Autorenseite einzusehen!
https://www.facebook.com/pages/Sunil-Mann/376188755754851?ref=ts&fref=ts 

Wie der neue Vijay-Kumar-Roman entsteht – Teil 7:

Mittlerweile habe ich das Manuskript zum bislang titellosen vierten Vijay-Kumar-Roman (mein einziger halbwegs brauchbarer Vorschlag: „Familiengeschäfte“) in einer Rohfassung an den Verlag gesendet. Dies, damit sich Verlegerin und Lektorin einen ersten Überblick über den Inhalt verschaffen und mich gegebenenfalls entsetzt kontaktieren können (was in diesen Minuten geschehen ist – das Entsetzen bezog sich aber auf den Seitensprung einer der Hauptfiguren und hielt sich ansonsten in Grenzen). Zudem müssen der endgültige Titel festgelegt und der Text für die Verlagsvorschau geschrieben werden.

In der Zwischenzeit lasse ich das Manuskript erst mal ein, zwei Wochen ruhen und gehe meinem Brotjob nach. Danach wird das Geschriebene in mehreren Durchgängen überarbeitet. Wie in vorgängigen Werkstatteinblicken angekündigt, werde ich mich in einer ersten Phase speziell um die humorvollen Passagen kümmern. Noch sitzen nicht alle Pointen, manches wirkt aufgesetzt, die Vergleiche hinken teilweise. Auch ist da durchaus noch Platz für weitere lustige Szenen.
Im Anschluss (wobei das natürlich immer auch parallel läuft) kümmere ich mich um die sprachlichen Finessen und überprüfe, ob es vielleicht bessere, elegantere oder eben witzigere Formulierungen gäbe, ob der Rhythmus zu den Szenen passt (eine Verfolgungsjagd im Retiro muss anders klingen als eine romantische Szene mit Manju) und ob Vijays innere Stimme, die ja alles feststellt, kommentiert und an den Leser weitergibt, durchs Band seiner Figur entsprechend klingt. Auch der eine oder andere logische Fauxpas muss ausgebügelt werden, die Übergänge zwischen gewissen Szenen dürfen nicht holpern und letztendlich darf ich nicht vergessen, all die im Verlauf der Geschichte angeleierten Geheimnisse aufzudröseln.
Es bleibt also viel zu tun, doch das Gröbste ist geschafft!

Rezi „Eifel-Bullen“ – Jacques Berndorf

Eifel-Bullen – Jacques Berndorf


Zwei Polizisten werden außerhalb ihres Zuständigkeitsgebietes tot neben ihrem Dienstwagen aufgefunden. Baumeister, Rodenstock und Emma ist sofort klar, dass die Beiden hingerichtet wurden. Gerüchte nehmen ihren Lauf, dass Gaby Schirner und Horst Walbusch nicht nur Kollegen gewesen seien und sich abseits ihres Dienstes mit den Themen Autodiebstahl und Drogen beschäftigt haben sollen.

Baumeister und seine Freunde versuchen den Fall von allen Seiten zu beleuchten, wobei der Freundes- und Familienkreis der ermordeten Polizisten keine große Hilfe zu sein scheint.

Der Coverhintergrund des Buches ist schwarz, die Illustration zeigt einen hochherrschaftlichen Landsitz im Grünen, über den die Wolken dunkler werden, davor das Blaulicht eines Streifenwagens und eine Hand mit Pfeife. Ein Blick genügt und man weiß sofort, dass es sich bei dem Buch um einen Berndorf Krimi handelt.

Nationalpark Eifel – ein beschauliches Stückchen Erde, bei dem man nicht gleich an Mord und Totschlag denken möchte. Aber genauso ist es. Das Verbrechen lauert im Grünen, im Verborgenen und manchmal eben auch im Nachbarsdorf. Das Leichen einen Nationalpark nicht unbedingt schmücken, ist verständlich, wenn es sich bei den Leichen dann auch noch um Polizisten im Dienst handelt ruft das nicht nur den ansässigen Dorfschuppo auf den Plan. Siggi Baumeister, Rodenstock und Kischkewitz fischen im Trüben. Wen haben Gaby Schirner und Horst Walbusch derartig auf die Füße getreten, dass sie auf einem Waldweg hingerichtet wurden? Nichts will bei den  Ermittlungen richtig passen und egal wen man auch befragt, sind die Antworten dünn und dürftig.

Dann geschieht zu allem Überfluss ein weiterer Mord. Das Opfer, ein ansässiger Imbissbesitzer, war mit den ermordeten Polizisten seit frühester Kindheit bekannt. Auch hier sieht es nach einer Hinrichtung aus. Viele lose Fäden und kein richtiges Motiv machen es Siggi Baumeister und Freunden dieses Mal richtig schwer, einen Schuldigen auszumachen.

Was soll ich großartiges sagen – ich bin ein ganz alter Berndorf Fan. Ich liebe es, wenn ein stoischer Sigi Baumeister seine Interviews führt und dabei heimlich sein Aufzeichnungsgerät einschaltet, wenn Rodenstock nach Kaffee, Cognac und Zartbitterschokolade dürstet, wenn Emma sich mit ihren Ideen und kulinarischen Einfällen einbringt oder versucht Baumeister an die Frau zu bringen und Berndorf mit seinen Worten Flora und Fauna der Eifel beschreibt.

Ein Berndorf Krimi ist wie nach Hause kommen. Es gibt bestimmte Eckpunkte, die sich hier und da ähneln und wiederholen, drumherum aber hat Berndorf wieder einen interessanten und mit vielen Hintergrundinformationen gespickter Roman gebaut, der sich erst nach und nach auflöst und zeigt, dass die Eifel eben doch mehr als nur eine hübsche Landschaft mit etwas merkwürdigen und eigensinnigen Bewohnern ist.

Leseempfehlung? Selbstredend!

Für wen? Für Freunde des Altmeisters Berndorf, der Eifel und des guten Krimis.

Eifel-Bullen – Jacques Berndorf

Krimi

Erschienen: November 2012 im KBV Verlag

285 Seiten

Broschiert

ISBN: 9783942446617

Nachlese – 1LIVE Shortstorys 14./15.03.2013

 ENDSPURT …

Marleen Lohse
Robert Stadlober
An den letzten beiden Tagen der 1LIVE Shortstorys brachten Marleen Lohse und Robert Stadlober den Zuhörern die Tehmen ALBTRAUM und VERBRECHEN näher.

Der Donnerstag Abend begann mit einem Text von Patrick McGrath, „Die Hand des Wichsers“. Eine Geschichte über eine abstruse Selbstverstümmelung und damit einhergehender Verselbstständigung des entsprechenden Körperteils in einem Club Namens „Babylon“. 
Marleen Lohse und Mike Litt
Auf die Frage von Mike Litt, ob Marleen Lohse bei der Geschichtenauswahl nicht ein wenig gestutzt hätte, entgegnete sie ihm, dass sie der Sache entspannt und aufgeschlossen entgegengesehen hätte. 
Im zweiten Text „Teilzeitengel“, ließ sich der Autor James Tiptree (Pseudonym der Schriftstellerin Alice B. Sheldon) als 18jährige Radiomoderatorin zum Thema Über- und Unterbevölkerung und deren apokalyptischen Ausmaße aus.

Freitag bildeten die Geschichten von Ferdinand von Schirach „Notwehr“ und Haruki Murakami „Der zweite Banküberfall“ den Abschluß der 1LIVE Shortstorys. 
Robert Stadlober und Mike Litt
Vorgetragen wurden die Texte von Robert Stadlober, der gerade erst auf einer Lesereise war und kommende Woche mit seiner Band im Kölner Tsunami-Club spielen wird.
Alles in Allem waren die erstmals live gelesenen und gesendeten Shortstorys in meinen Augen ein voller Erfolg. Sowohl der Moderator Mike Litt als auch die jeweiligen Schauspieler, welche mit ihren tollen Stimmen den Texten ihren eigenen Stempel aufdrückten, genossen sichtlich die intime Atmosphäre des Saal 1.
 
Kompliment an 1LIVE – ihr habt eure Sache richtig gut gemacht und die Termine für das kommende Jahr werde ich sicherlich im Auge behalten
 


Gestern auf dem Literturmarathon bei WDR5

 
 

Durchatmen.
Entspannen.
Genießen.

 

 

Pause

Wer sagt, dass man immer auf harten Bänken und Stühlen dem Vortrag lauschen muss. Ich jedefalls habe es mir gestern, wie viele andere, im Foyer des WDR mal so richtig gemütlich gemacht. Picknickstimmung. Gab ja auch alles, was das Herz begehrt. Also Schuhe aus, auf dem grünen Teppich langmachen und den Lesungen, welche aus dem Kleinen Lesesaal übertragen wurden, auf dem Großmonitor folgen. „Gute Idee“, kam es von der Seite, „in dem Saal herrscht eine Bullenhitze und die Luft ist zum Zerschneiden dick.“ 

Alles richtig gemacht. 
 

Bild auf Wunsch der Mutter verfremdet

Da ich mir unfreiwillig die Kinderstunde ausgesucht hatte, lagen und saßen um mich herum Familien mit Kindern in allen Altersklassen, welche gespannt dem Geschehen folgten. Kein Gequängel, kein Gekreische, nur leise Unterhaltungen. Literatur braucht ein gewisses Maß an Stille, dass verstehen wohl auch schon die Kleinsten. 

Es wurde jedoch nicht nur gelesen. Unter dem „Motte 100 Bücher – 100 KünstlerInnen“, erstellten Illustratoren während der Lesungen zum Text passende Bilder, die gegen eine Spende in Höhe von 50,- € erworben werden konnten.

Die Besucherzahl war in diesem Jahr wohl nicht ganz so hoch, was den Vorteil hatte, dass es ausreichend Platz gab. Da der Marathon am Freitag um 22 Uhr angefangen hatte, gab es auch das ein oder andere übernächtigte Gesicht im Publikum. 

Ich selber überlege, dass im kommenden Jahr auch mal auszuprobieren. Gestern allerdings gönnte ich mir nur zwei Stunden und kehrte dann zu den letzten Lesungen am 21 Uhr nochmals zurück. 

Dabei füllte ich auch eine Postkarte mit einer Buchempfehlung für das kommende Jahr aus. 2014 wird das Thema „100 Bücher – 100 Männer“ sein. Den dazu passenden Roman hielt ich ja erst vor wenigen Tagen in Händen. Vielleicht folgt die Jury mir und „Das Glücksbüro“ schafft es im nächsten Jahr auf den Literaturmarathon.

 

 

WDR5 – Literaturmarathon

Seit gestern Abend 22 Uhr läuft im Kleinen Lesesaal des WDR5 Gebäudes am Wallrafplatz der jährliche Literaturmarathon, der längsten Lesung im Rahmen der lit.cologne. 

„100 Bücher – 100 Beziehungen“ lautet dieses Mal das Thema, weches 24 Stunden zum Zuhören und Verweilen einlädt. Untermalt wird die Veranstaltung und die Pausen durch verschiedene musikalische Darbietungen.

Wer während des Einkaufs auf einer der Kölner Shoppingmeilen oder seines Samstagsspaziergang im Regen also einen kurzen Moment durchatmen und sich be-lesen lassen will, der ist herzlich willkommen.

Hier der Ablaufplan der gesamten 24-Stunden-Lesung:
http://www.wdr5.de/fileadmin/user_upload/Sonderseiten/2013/Literaturmarathon_2013/Manuskripte/130306SendelaufplanINTERNET.pdf

Weitere Infos hier:
http://www.wdr5.de/literaturmarathon.html

Wir sehen uns …

Nachlese – 1LIVE Shortstorys …


Hier hinterließen schon viele ihre Fußspuren. 1LIVE Shortstorys, im Rahmen der lit.cologne war gestern Abend mein Anlaufpunkt.

Im Saal 1 des WDR-Gebäudes Mörsergasse, begrüßte Mike Litt zum Thema „Aussenseiter“ Schauspieler Fabian Hinrich, der Kurzgeschichten der Journalisten und Schriftsteller Matthias Mattusek (Bucharins Ende) und Jörg Fauser (Das weiße im Auge) vor vollbesetzten Reihen las.
Fabian Hinrichs, vielen bekannt aus seinem Gastauftritt im  letzten Tatort, in dem er als Mitglied des Münchner Ermittlungsteams leider das Zeitliche segnen musste, was dahingehend Proteste auslöste, den Juniorermittler Gisbert Engelhart wieder „auferstehen“ zu lassen.
Darauf von Mike Litt angesprochen erklärte Hinrich, dass er zu dem Zeitpunkt der Ausstrahlung in Asien war und nichts von der Aufregung mitbekommen hat, sich nur nach seiner Rückkehr über die Mediananfragen wunderte.

WolffsBeute im 1Live Interview

Weiteres gab es ein Gespräch über die deutsche Kinokultur, die in Hinrichs Augen mehr als nur Entwicklungspotential. 

Résumé: Ein gelungener Abend mit einem eingespielten Team, interessanten Texten und begeisterten Publikum.

Rezi „Das Glücksbüro“ – Andreas Izquierdo

Das Glücksbüro – Andreas Izquierdo

 

Das „Amt für Verwaltungsangelegenheiten“ ist nicht nur Alberts Arbeitsstelle, sondern gleichzeitig sein zu Hause. Seit mehr als 30 Jahren geht sein Leben völlig routiniert von statten, bis er auf seinem Schreibtisch liegt. Der Antrag. Ein Antrag den es nicht gibt, den es nicht geben darf, der NICHTS beantragt. Zunächst glaubt Albert noch an einen Test oder Streich, doch der Antrag ist echt und lässt sich auch nicht einfach beseitigen. Albert muss die Räumlichkeiten des sicheren Amts verlassen und die Antragstellerin Anna Sugus aufsuchen, um das vermeintliche Rätsel des Antrags zu lösen. Es beginnt eine Geschichte des Hoffen und Bangen, des Suchen und Finden und dem Wissen, dass Kleinigkeiten ein Leben völlig auf den Kopf stellen können.

Fast glaubt man einen Aktenordner in den Händen zu halten. Kein Hochglanz-Cover, kein Prägedruck. Passend zum Thema Amt fühlt sich das Buch wie ein gewöhnlicher grauer Aktenordnerdeckel an. Und es ist grau. Aber nur der Hintergrund, denn der Buchtitel wurde in, wie ausgeschnitten wirkenden, pastelligen Buchstaben gedruckt, die ein wenig an einen Roman von Simmel erinnern. Im Kontrast hierzu Andreas Izquierdos Name in Schreibmaschinenschrift. Die violetten Schattenrisse eines Pärchens, im Lichtschein einer Schreibtischlampe, runden das Cover ab.

Ein grauer Mann, in einem grauen Anzug, in einem grauen Amt, in einem grauen Büro. Routine und Ordnung prägen Albert Glücks Leben seit mehr als 30 Jahren. Versteckt im Keller des Amtes für Verwaltungsangelegenheiten, lebt er unbeachtet und zufrieden, sicher vor der seltsamen Welt da draußen. Zwischenmenschliches versucht er möglichst zu vermeiden. Er ist sich selbst genug. Bis zu eben jenem Tag, als sein Lebensschiff in unruhige Gewässer driftet und sehr schnell an Fahrt gewinnt. Ein Antrag, der unerwartet und ohne Vorwarnung auf seinem Schreibtisch liegt, lässt ihn an sich und seiner Tätigkeit zweifeln. E45, Antragstellerin Anna Sugus, beantragt – Nichts! Mehrere Versuche den Antrag zu bearbeiten oder zu vernichten schlagen fehl und so muss sich Albert auf Anweisung seines Vorgesetzten auf den Weg zu eben dieser Anna Sugus machen. Anna ist das völlige Gegenteil von Albert. Sie ist Künstlerin und das einzig ordentliche an ihr ist der Name, welchen man sowohl vorwärts als auch rückwärts lesen kann. Verwirrt und fasziniert zugleich gerät Alberts Leben durch ihre Bekanntschaft in völlig neue Dimensionen. Sein „Spielfeld“ nimmt neue Ausmaße an und die bisher übersichtliche Anzahl an Mitspieler potenziert sich fast täglich.

Schon einmal am Meer gestanden, wenn ohne Vorwarnung die Wolken dichter werden, der Wind auffrischt und man sich fast gegen ihn lehnen kann, wenn aus den kleinen Wellen größere werden? So in etwa entlässt Andreas Izquierdo seinen Hauptdarsteller Albert Glück in dessen neuen Lebensabschnitt. „Das Glücksbüro“ ist kein Krimi, kein typisches Frauenbuch. „Das Glücksbüro“ ist ein Buch das verzaubert, in dem man sich verlieren kann. Welches einen mit auf eine Reise nimmt, von grau zu bunt, von Teilnahmslosigkeit zu Hoffnung. Es zeigt, dass aus der richtigen Perspektive gesehen das Gras grüner, der Himmel blauer und die Menschen zugänglicher sein können.

Wem Andreas Izquierdo bisher als Krimiautor oder von Büchern wie „Apocalypsia“ bekannt war, wird sich wundern. Keine Leichen, keine Endzeitstimmung sondern ein Roman, mit dem er sich in ein völlig neues Licht setzt, der seine schriftstellerische Größe beweist. Seine Worte sind wie bunte Mosaiksteine, die sich zu immer neuen schönen Bildern zusammensetzen, von denen man niemals genug bekommen kann und will.

„Der Sturm war vorbei, und so fühlte er sich auch: als ob innerlich die Blätter von den Ästen gefegt worden waren. Zurück blieben nur das Geäst, ein klarer, nasser Tag und eine Unordnung, die behoben werden wollte.“

Ich fühlte mich während des Lesens immer wie in einen warmen Mantel gehüllt und immer mit der Frage vor Augen „lese ich hier tatsächlich gerade eine typische Liebesgeschichte“? Nein, denn Andreas Izquierdo schafft in diesem Roman den Spagat zwischen Sehnsucht ohne Pathos, Leichtigkeit ohne simple zu wirken, Romantik ohne klebrigen Zuckerguss.

„Nicht die Reibung ließ die Sternschnuppen leuchten, sondern die heimlichen Wünsche der Menschen, die zu ihr hinaufsahen.“

Auf die Frage „Wie ist dieses Buch?“, gibt es einfach nur eine einzige kurze Antwort:

Es ist einfach nur schön!

Für mich definitiv mein neues Lieblings-Liebes-Buch, dass ich mit Freude allen nur empfehlen kann und sehr häufig verschenken werde.

Leseempfehlung? Ja – ein Lese-Muss!

Für wen? Für Jedermann. Männer, Frauen, Romantiker, junge und alte, Viel-, Selten-, Langsam-, Schnell-, kritische und begeisterte Leser.

Das Glücksbüro – Andreas Izquierdo

Roman

Erschienen: 25.02.2013 im Dumont Verlag

272 Seiten

Paperback

ISBN: 9783832162252



Rezi „Die Mädchenwiese“ – Martin Krist

Mädchenwiese – Martin Krist

Eine entstellte Mädchenleiche auf einer Waldlichtung, welche von einer alten Frau gefunden wird. Sie ahnt, was kommen wird.
Ein von der Familie und Umwelt genervtes Mädchen läuft von zu Hause weg und kehrt nicht zurück. Eine Mutter in Angst.
Ein Ex-Polizist, der sich in die Provinz zurückgezogen hat wird von seiner Vergangenheit eingeholt.
Der Spreewald birgt viele Geheimnisse. Er vereint sie auch auf unglaubliche Art und Weise und manchmal gibt er sie auch wieder preis.

Fast wirkt es, als hinge auf dem Cover der „Mädchenwiese“ ein Mobilé von einer Höhlendecke herab. Sowohl Hintergrund als auch die Schmetterlinge des Mobilés  sind in Blautönen gehalten. Einzig der im Vordergrund befindliche Schmetterling weist Spuren von Rot auf seinen teilweise zerrissenen Flügeln auf. Passend zum Opfergeschlecht wurde der Buchtitel in Magenta gedruckt. 

Drei Jahre ist es her, dass der Ex-Polizist Alex Lindner sich in die Provinz nach Finkenwerda geflüchtet hat. Damals gab es die „Bestie“ – einen Serienkiller, der junge Mädchen entführte und sie nach seiner „Behandlung“ einfach in den nächsten Straßengraben warf. Lindner, damals Hauptermittler, konnte dem Treiben keinen Einhalt gewähren und verlor im Zuge der Ermittlungen eine Kollegin. Nun lebt er im Haus seiner verstorbenen Eltern und bewirtschaftet deren marode Dorfkneipe. Als in der Nachbarschaft die junge Lisa Theis verschwindet, denken alle außer der Mutter des Mädchens zunächst an eine Ausreißerin, welche mit der Zeit wieder zurückkehren wird. Zeitgleich erhält Lindner von seinem „Vater“ einen Brief, der seine Vergangenheit in einem neuen Licht erscheinen lässt und den Glauben an seine Familie völlig auf den Kopf stellt.

Verschiedene Handlungsstränge, verschiedene Perspektiven. Eben noch schreibt Martin Krist aus Sicht von Lindner, schon liefert er die gleiche Szene aus einem anderen Blickwinkel. Er geht mit seinen Lesern nicht zimperlich um und lässt sie zunächst langsam, dann immer schneller werdend in seinen abgründigen Roman vorangehen. Fast glaubt man Carl Orffs „Oh, Fortuna“ aus Carmina Burana im Hintergrund zu hören. Nach dem ersten raumfüllenden Chorgesang wird die Stimmung düster und abwartend, steigert sich und erreicht zunächst einen kleinen Höhepunkt um dann nach mehreren Anläufen in einem fulminanten Finale zu enden. 

Martin Krist beleuchtet alles detailliert. Orte, Handlungen und Personen erscheinen glasklar vor Augen. Seine Beschreibungen erklären nicht nur das Drumherum sondern jede noch so winzige Gefühlslage. Wenn er aus der Sicht des kleinen Sam die Handlung beschreibt, dann fühlt man dessen Hilflosigkeit und Wut mit jeder Faser. Angst und Hoffnungslosigkeit begleiten den Leser durch den Roman, denn Krist weiß  Cliffhanger zu setzt. Es sind die letzten Sätze einer Erzählperspektive, welche mir mehr als einmal eine Gänsehaut lieferten und mich gespannt weiterlesen ließen. Langeweile kommt nicht auf, da der Autor die Akzente an den richtigen Stellen platziert und den Leser immer weiter in seinen Roman hineinsaugt.

Immer wieder musste ich meinen Verdacht auf den Täter revidieren. Nach und nach erst werden dem Leser das Ausmaß und die Tathintergründe ersichtlich. Krist hält die Spannung bis zum Schluss und schlägt auch hier noch den ein oder anderen Haken, ohne dabei langatmig zu wirken.

Das erste, was mir nach dem Lesen des letzten Satzes der „Mädchenwiese“ in den Kopf kam war: WOW!!! 
Immer wieder wird in der Presse darüber diskutiert, ob es im deutschsprachigen Raum nicht nur gute, sondern hervorragende Thriller Autoren gibt und dann liest man diesen Roman und denkt: „Verdammt, Krist braucht sich doch nicht hinter irgendeinem internationalen Schriftsteller zu verstecken!“ Manchmal frage ich mich tatsächlich, womit die Presse oder Kritiker hadern. Ist es das behandelnde Thema? Sind es die nicht ganz so exotisch wirkenden Schauplätze? Oder die gesamte literarische Leistung? Für mich nach dem Genuss der „Mädchenwiese“ absolut unverständlich. Ich werde weiterhin den deutschsprachigen Thriller Autoren meine Treue halten und mich von ihnen mit Vergnügen in Angst und Schrecken versetzen lassen.
 

Leseempfehlung? UN-BE-DINGT!!!

Für wen? Thriller Liebhaber. Der geneigte Leser sollte jedoch über einen stabilen Magen verfügen, da Krist mit seinen exakten Beschreibungen nicht hinter dem Berg hält.                              

Mädchenwiese – Martin Krist
Thriller
Erschienen: 10.08.2012 im Ullstein Verlag 
416 Seiten
Broschiert
ISBN: 9783548283531