Rezi „Stirbwohl“ – Gesa Gauglitz


Stirbwohl – Gesa Gauglitz

Deine beste Freundin. Sie hat alles. Eine tolle Figur, einen wunderbaren Ehemann, zwei traumhafte Kinder, Haus, Auto, Geld, Job … und du? Du hast das ganz große Gefühl für sie. NEID!
Die Schlussfolgerung – die Dame muss weg. Sterben. Verunfallen. Von der Bildfläche verschwinden, das Jenseits erforschen, den Löffel abgeben – völlig egal. In der Wirtschaft nennt man das eine feindliche Übernahme – du nennst es eine logische Konsequenz. Ein trauernder Witwer und seine Kinder brauchen Nähe. Wärme. Zuneigung. Und Du bist bereit all das fast bedingungslos zu geben.

Als mir Ralf Kramp auf der Frankfurter Buchmesse Stirbwohl mit den Worten: „Lies das! Wir habe uns alle weggeschmissen“, in die Hand drückte, hatte ich keine Ahnung was auf mich zukommen würde, wusste aber, Ralf und ich haben einen ähnlichen Humor. Stirbwohl – in weißer Schrift, wie mit einem Pinsel hingeschrieben prangt der Titel auf einem, von pink ins weiß verlaufenden Cover, welches ein Cupcake ziert, in einem pinken Papierbackförmchen mit rosa Sprühzahne und kleinen Zuckerkreuzen – natürlich in Pink, Flieder und Weiß. Ein Schurke, der Böses dabei denkt …

„Sicherheitshinweis: Das Risiko, Opfer eines Mordanschlages zu werden, wird durch das unverzügliche Hinabsteigen eines fünfstufigen Tritthockers um 100% minimiert.“ Wenn man immer alles vorher wüsste. Manchmal ergeben sich Gelegenheiten, die Frau nutzen muss! In diesem Fall nutzt Sophie den Bewegungsenthusiasmus ihrer besten Freundin Valerie, worauf diese sehr bald feststellt: „Ich fürchte, ich muss mit diesen ganzen Jenseitsfantasien aufräumen und klipp und klar feststellen, dass es sich beim Sterben um eine äußerst profane und unspektakuläre Angelegenheit handelt.

Es gibt Tage, an denen kann man einfach keine „normale“ Rezension schreiben, weil man beim Durchblättern des Buches wieder Tränen in den Augen hat. Ja, Valeries Tod ist traurig, aber so, wie Gesa Gauglitz diesen hier aus den verschiedensten Perspektiven betrachtet und beschreibt, eben auch einfach nur urkomisch. Man taucht in jede Persönlichkeit ein. In die sterbende Valerie und ihren trauernden Mann Richard. Man erfährt vieles über das Seelenleben der 11 jährigen Tochter Toni, des Bullterriers „Labrador“ oder Valeries nächstbester Freundin Bea und deren Liebesleben.

„Heute Morgen bin ich gerade unersetzlicher Teil eines Zwei-Personen-Liebesaktes, der sich in seinem Endstadium – oder wie ich es nenne: Sterbephase – befindet …“. „Seitdem missvergnüge ich mich mit einem stümperhaften Mittzwanziger, der seinen Unterkörper an mir auf und ab schrubbt, als wäre er Mister Vileda-Wischmop höchstpersönlich und ich ein hartnäckig verschmutzter Fußboden.“

Gesa Gauglitz schmeißt dermaßen gekonnt mit Vergleichen um sich, dass es einem fast schwindelig wird. Eine Wohltat, dass sie dabei keine Sekunde ihre Kriminalgeschichte aus den Augen verliert. Sie bleibt durchgehend ihrem Humor treu, driftet nicht ins Absurde ab und lässt den Leser mit einem Lächeln die nächste Seite umblättern. Alles in Allem – Debütroman gelungen – bitte weiter so.

Leseempfehlung? Mit den besten Empfehlungen.

Für wen? Für Menschen mit Humor – denn das Sterben ist schon ernst genug.

Stirbwohl – Gesa Gauglitz

Kriminalroman

Broschiert

Erschienen im Oktober 2013 im KBV                                     

343 Seiten

17,8 x 12 x 2,4 cm

ISBN: 978-3942446945

Rezi „Gleichenfeier“ – Christian Klinger

Gleichenfeier – Kristian Klinger


Bei der Kontrolle einer Baustelle kommt ein illegaler Arbeiter ums Leben. Einer der Kontrolleure gerät aufgrund einer Aussage in Verdacht den Arbeiter umgebracht zu haben. Nochimmer-Gruppeninspektor Krassberger ermittelt und erhält dabei verjüngte Unterstützung. Währenddessen quält sich Privatermittler Marco Martin mit alterstypischen Malessen. Mangelnde Fitness und ein zu höher Körperfettanteil lassen ihn genauso verzweifeln, wie seine wiederentfachte, mehr als nur geschwisterliche Liebe zu seiner Schwester Anja. Diese tritt nach langer Abwesenheit wieder in sein Leben, denn ihr Mann steht unter Mordverdacht und bittet ihren Bruder um Hilfe. Marco Martin wird dieses Mal nicht nur beruflich auf eine harte Probe gestellt und stellt schnell fest „Das Leben ist eine Baustelle“.

Es schaut so unschuldig aus und erst auf den zweiten Blick erkennt man die Details. Wieder wurde für das Buchcover ein weißer Einband gewählt. Das Bild zeigt eine Hand in einem blutbesudelten Arbeiterhandschuh, welche den Zeigefinger vorwurfsvoll nach oben streckt und „Obacht“ signalisiert. Doch was bedeutet der Titel Gleichenfeiermit dem verrutschten „G“? Sind hier alle gleich oder doch nicht? Oder sind nur die Leichen, sofern es denn mehrere gibt alle „gleich“?

Arroganz beherrscht den Roman. Nicht die Arroganz des Autors, sondern die des besser Positionierten gegenüber dem Rangniederen. Immer wieder stößt der Leser auf dieses Thema. Hier prallt der Chef auf den Angestellten, der Sportliche auf das Couchpotato, der vermeintlich Gebildete auf den schlichten Menschen, hochwertige Kleidung auf Arbeitskluft. Marco Martin MUSS sich dieses Mal in eine Position begeben, die ihm gar nicht behagt. Entgegen seiner sonstigen Klientel bewegt er sich in Gleichenfeier nicht in der Wiener High Society, sondern lernt die Arbeiterkneipen und -wohnungen der Stadt kennen. Es wird im wahrsten Sinne des Wortes dreckig. Martin tauscht Kaschmirschal und Brioni Jackett gegen Blaumann und Bauhelm, um seine Ermittlungen voranzutreiben.

„Geh, du Tschaperl, des bringt nix ganz oben anzufangen, jetzt muasst endlich einmal dein Standesdünkel beiseitelassen und dich in die Niederungen der echten Welt begeben. Von deinem Palast aus wirst da nix ausrichten können.“ „Willst du damit andeuten, ich soll jetzt als Bauarbeiter anheuern? Wie der Wallraff von ganz unten anfangen?“ „Des schlechteste warat’s ned, aber für’n Anfang wird’s reichen, wenn’st dich in diesen Kreisen ein wenig umhörst.“ „Und wo ist das , deiner Meinung nach?“ „I waß ned, hat dir das Döbling wirklich deinen Verstand rausgesaugt? Na windige Kaffeehäuser und so Lokale halt. Hurch di auf der Baustell um, wo die nachher was trinken gehen.“ Martin fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. „Aber das sind doch alles Jugo …, also Ausländer halt.“

Illegale Arbeiter aus Osteuropa – fast scheint es, als wollte Christian Klinger mit Klischees arbeiten. Der Sinn und Zweck dieser Wahl, ergibt sich aber im Laufe des Romans. Seinem Helden allerdings eine inzestuöse Beziehung zu seiner Schwester „anzudichten“, könnte polarisieren. Als Konfliktstoff zwischen Martin und seiner Schwester sicherlich interessant, kann es aber den einen oder anderen Leser sicherlich vor den Kopf stoßen. Es bleibt abzuwarten, wie Christian Klinger dieses Problem zu lösen gedenkt.

Insgesamt habe ich mich auch dieses Mal wieder gut unterhalten gefühlt und meinen Spaß an den Dialogen und dem schönen Lokalkolorit gehabt.

Leseempfehlung? Sicher.

Für wen? Wien-Kenner und Krimifreunde. 

Gleichenfeier – Christian Klinger

Krimi

Gebunden

Erschienen am 17.09.2013 im Steinverlag Og
380 Seite
19 x 12,4 x 2,6 cm

ISBN: 9783901392351

Hörbuch Rezension „Adressat unbekannt“ – Katherine Kressmann Taylor

Adressat unbekannt – Katherine Kressmann Taylor



2 Freunde – 1 Jude, 1 Deutscher.

19 Briefe.                   

1 Jahr und 4 Monate.

Adressat unbekannt beschreibt den Briefwechsel zweier unterschiedlicher Männer, inniger Freunde und Geschäftspartner in den Jahren 1932 bis 1934. Der Jude bleibt in den USA, den Deutschen zieht es zurück in die Heimat. Zunächst scheint noch alles in Ordnung, doch schnell wird klar, dass der Jude die Entwicklung in Deutschland mit Sorge betrachtet. Auch, weil seine Schwester in Österreich lebt und die nahende Gefahr ignorieren will. Der Deutsche wiegelt zunächst noch ab, gerät aber zusehends immer weiter in die politischen Machenschaften der Nazis. Kann eine Freundschaft die ideologischen Werte überdauern? Welche Auswirkungen hat der Kontakt und welche Rolle spielt die Schwester in der Geschichte?

Katherine Kressmann Taylors Briefroman Adressat unbekannterschien 1938 in einem US-Amerikanischen Magazin, brauchte dann allerdings noch Jahrzehnte, um in Europa bekannt zu werden.  Der Roman ist für mich eine der eindrucksvollsten und bedrückendsten Geschichten überhaupt. Schon beim Lesen hatte ich einen Kloß im Hals und legte das Buch nach Beenden nachdenklich beiseite. Die beim Lesen entstandene Gänsehaut und das beklemmende Gefühl ebbten nur langsam ab und ich überlegte seinerzeit immer wieder, wie es wäre, wenn dieses Buch eingelesen werden würde. Das 2012 erschienene Hörbuch lässt den Text des Romans noch  eindrucksvoller erscheinen.

Zyx Music ist es gelungen mit Matthias Brandt und Stephan Schad zwei hervorragende Schauspieler und Sprecher gewinnen, deren Stimmen man sich nicht entziehen kann. Gefesselt hört man ihnen zu, wie sie mittels des gesprochenen aber auch unausgesprochenen Wortes dem Roman eine einzigartige Atmosphäre verleihen. Brandt und Schad treffen unter der Regie von Jürgen Fritsche auf den Punkt genau den richtigen Ton, setzen Pause oder einen tiefen Atemzug gekonnt in Szene.

60 Minuten (!), die den Schrecken der Zeit greifbar machen, in denen Freude, Bangen und Hoffen aus den Stimmen der Sprecher glasklar hervortreten, das Hörbuch zu einem Erlebnis werden lassen und den Zuhörer fesseln. An ein Abschalten des CD Spielers ist hier genau so wenig zu denken, wie an das Beiseitelegen des Buches. Der Gänsehautfaktor ist auch hier vorprogrammiert und wird noch lange anhalten.

Hörempfehlung? Un-be-dingt – ein absolutes MUSS!

Adressat unbekannt – Katherine Kressmann Taylor

Audio CD

Erschienen 2. November 2012

Anzahl Disks/Tonträger: 1

Laufzeit: ca. 60 Min.

Label: Zyx Music (ZYX)

ASIN: 3865499031

WolffsBeute auf der Frankfurter Buchmesse 2013 …

WolffsAusBeute FBM 2013

4 Tage Frankfurt.
4 Tage Messe.
4 Tage Bücher, Bücher, Bücher.

Der erste Schritt in die Welt der Buchmesse ist immer wieder aufregend. Gaderobe abgeben, Eintrittskarte einlesen lassen, Namenschild anheften und dann beginnt der Sog in diese schöne verrückte Welt des gedruckten, animierten oder hörbaren Wortes. Der Strudel dessen, dem ich mich nicht entziehen kann und auch nicht will.

 
Die ersten Schritte führen mich in Halle 3.0, einem Raum der vor Worten nur so bebt. Ein kunterbuntes Gewusel aus Autore, Verlagen, Agenten, Einkäufern und bibliophilen Menschen. 
 

Knallbunt springen mir die Neuerscheinungen entgegen, laden mich ein sie in die Hand zu nehmen, darin zu blättern, sie zu begreifen. Romane, Lyrik, Bildbände, Hörbücher, eBooks und dazu noch der ganze nonBook Markt – ein scheinbar schier unerschöpfliches Feld.


R. Kramp (Krimi), A. Strobel (Thriller), D. Meissner (Orimoto)
 
 
Selbstverständlich lautet das Motto auch hier „sehen und gesehen werden“. Da wundert man sich schon, wenn man einen Gang entlang geht und vor einem teilt sich die Menschenmasse plötzlich wie das rote Meer. Der Effekt klärt sich jedoch beim Blick zurück über die Schulter. Boris Becker, geleitet durch ein Heer an Bodyguards hängt in meinem Kreuz – schnell weg hier! 
Andreas Schmidt – Autor und Schreibtischtäter
Orimoto von Dominik Meissner
 
Hannes Jaenicke – Schauspieler, Sprecher, Aufklärer

Aber zum Glück gibt es ja noch andere Menschen, die sich gerne für das ein oder 
andere Foto zur Verfügung 
stellen.

Christian Brückner – The Voice

Elke Schwab – Autorin

Und so gehen sie dahin, die Tage auf der Messe, vollgepackt mit Terminen, Treffen und viel, viel Wasser, Tee und Kaffee. Ehe man es sich versieht, sind sie herum und zurück bleiben mehrere Kilo Bücher, Papier und CDs, die ihren Rezensionsweg in die WolffsBeute finden wollen.

E. Haberfellner (Autor), Thomas Wörtche (Literaturkritiker)
Was bleibt ist die Erinnerung und viele Bilder.
Oliver Rohrbeck – Justus Jonas „Die drei Fragezeichen“

Teréza Mora – Gewinnerin Deutscher Buchpreis 2013
Nina George – Das Lavendelzimmer



Alida Bremer und Silvija Hinzmann – Autorinnen

Jutta Siorpaes – Autorin

Katrin Lankers – Autorin
Regina Schleheck und Silvija Hinzmann – Autorinnen

Beate Maxian – Autorin

1 Jahr WolffsBeute

Heute vor einem Jahr habe habe ich die WolffsBeute ins Leben gerufen. Einen Tag vor meiner Reise zur Frankfurter Buchmesse. Seither haben mehr als 38.000 Besucher diese Seite angeklickt. Damit gehöre ich zwar nicht zu den SuperBloggern, kann mich aber einer kleinen und treuen Leserschaft erfreuen, die meine Rezensionen, Nachlesen und Berichte verfolgen. Dafür kann ich nur eines sagen

VIELEN LIEBEN DANK!


Selbstverständlich begebe ich mich auch in diesem Jahr auf die FBM und werde Fotos und kleine Geschichten von dort mitbringen … und vielleicht das ein oder ander Buch. Ihr dürft also weiterhin gespannt sein. Doch jetzt muss ich los, Handy aufladen, Koffer packen, Infos aufbereiten und den Lageplan der Messe auswendig lernen – Vorbereitung ist alles. Aber wer weiß, vielleicht treffen wir uns ja auch auf der Messe – ich freu mich drauf.

Aller liebste Grüße
Eure WolffsBeute