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Rezi „Ave Vinum“ – Carsten S. Henn
Ave Vinum – Carsten Sebastian Henn |
Land unter. Tagelanger Regen hat Heppingen mitsamt seinen Häusern unter Wasser gesetzt. Alles was nicht niet- und nagelfest ist treibt nun in der neugeschaffenen Fluß- und Seenlandschaft des Ahrtals herum. Oder herein. Wie bei Julius Eichendorffs Cousine Annemarie. Hier schwimmt in vormals blütenweißer Kleidung die Leiche von Martin Schenk, einem ehemaligen Mitarbeiter von Julius und Sohn eines ansässigen Winzers, zur Tür herein.
Klare Arbeitsteilung im Hause Eichendorff – Julius findet die Leichen, seine Angetraute, Hauptkommissarin Anna Eichendorff ermittelt die Umstände. Wenn es mal so einfach wäre. Selbstverständlich folgt Julius seiner Neugierde und überlässt das Ermittlungsfeld nicht sang- und klanglos seiner Gattin, schließlich ist das hier sein Ahrtal, hier kennt er jeden Baum, jeden Strauch und die meisten Einwohner. Das diese Neugierde nicht gerade dem Haussegen zuträglich ist, wird Julius sehr bald zu spüren bekommen.
Was zeigt das Cover eines kulinarischen Krimis?
Von der Sonne beschienende dunkle Weintrauben. Mehr braucht es nicht. Leser von Eichendorff Krimis wissen um was es geht. Essen und Wein und ein paar ungeklärte Todesfälle.
Ein Unglück kommt selten alleine, so dass die Entdeckung eines weiteren Toten bei einem Heppingen nahegelegenen Erdrutsch fast zu erwarten war. Der Tote ist auch in diesem Fall kein unbekannter. Der wanderbegeisterte Dorfpfarrer scheint bei einer seiner Exkursionen an einer gefährlichen Stelle abgestürzt und von den Erdmassen begraben worden zu sein. Julius kommen Zweifel, dass ein solch erfahrener Wanderer wie der Geistliche sich bei derart schlechtem Wetter zu eben jener Stelle aufmachte und hier seinen Unfalltot fand.
Wasser marsch. Bitterwasser. Wasserratte.
Wenn Carsten S. Henn das Ahrtal schon unter Wasser setzt, dann aber richtig. Jedes seiner Kapitel trägt eine recht feuchte Überschrift, was den Roman aber nicht im Geringsten verwässert. Wie bereits in den vorangegangenen Romanen versucht der hauptberufliche Sternekoch Julius wieder Ordnung in das Ahrtal zu bringen. Doch dieses Mal fischt er geradezu im Trüben. Nichts will zusammenpassen und immer mehr Verdächtige tauchen aus den Fluten auf und biedern sich geradezu an.
Es ist der siebte Eichendorff-Krimi, den Carsten S. Henn hier zum Besten gibt. Leicht und beschwingt, wie es seine Art ist, legt Henn los.
Als er ein verdächtiges Plätschern hörte und
kurz zurückblickte, sah er, dass Annemarie die Leiche mit dem
Fuß in Richtung Haustür stupste.
»Annemarie!«
»Was denn? Wollte nur testen, ob er wirklich tot ist.«
»Er liegt die ganze Zeit mit dem Kopf im Wasser.«
»Als ich jung war, konnte ich minutenlang die Luft anhalten.
Sie haben mich die Nixe genannt.«
Das Geschehen nimmt schnell Gestalt an, der Personenkreis ist überschaubar und stellt sich im Rahmen der Geschichte nahezu selbst vor. Alles untermalt mit der ihm ganz eigenen Portion Humor und Henns Begeisterung für gutes Essen, welches sich am Ende des Romans erneut in interessanten Kochrezepten niederschlägt.
Und doch schwingt es mit, dieses leise Gefühl, das im Laufe des Romans immer mehr hervortritt – Julius wirkt nachdenklicher als sonst. Ich gewann den Eindruck, dass dieses Mal eine gewisse Schwere auf ihm lastet. Sie ist nicht wirklich im Text direkt sichtbar, eher liest man sie zwischen den Zeilen heraus
Doch das tut dem Roman keinen Abbruch. Henn legt seine Fährten aus, lässt logische Schlüsse durch noch logischere Geschehnisse ad absurdum führen, kreist gekonnt wie ein Adler um das goldene Ei, ohne einen Moment Langeweile aufkommen zu lassen.
Fazit: Erneut gelungen, wenn auch in meinen Augen mit einer eher ungewöhnlich nachdenklichen Note. Auf jedenfall macht der Krimi Appetit auf mehr.
Leseempfehlung? Ohne Frage – Ja!
Für wen? Den Fans von Julius Eichendorff Krimis. Erstlesern, die sich für die Ahr Region oder gutes Essen begeistern. Für Krimifans mit Humor.
Ave Vinum – Carsten Sebastian Henn
Kulinarischer Krimi
Erschienen: 21.05.2014 im Emons Verlag
304 Seiten
Broschur
ISBN: 978-3954512669