Wenn Hamster Bremen und Amanda Colonia über die Verwendung von Pseudonyme sprechen …

Im Rahmen der diesjährigen Criminale, war ich Teil eines sehr amüsanten Podcast. Klaudia Zotzmann-Koch wollte von uns – Fenna Williams, Gitta Edelmann, Marvin Entholt und mir – wissen, wie es sich in unserem Umfeld mit dem Thema „Veröffentlichen unter Pseudonym“ verhält. Auf ihrer Seite:
https://www.zotzmann-koch.com/

könnt ihr hier das kurzweilige Ergebnis hören: 
https://www.zotzmann-koch.com/podlove/file/133/s/download/c/select-show/vienna_writers_podcast_007_pseudonym.mp3 

Erfahrt, wie Autoren mit dem Thema umgehen, neue Pseudonyme entstehen, warum sie verwendet werden und vor allem, was das alles mit Pornokaraoke und Hamster Bremen zu tun hat.

Wie immer wünsche ich Euch 
GUTE UNTERHALTUNG! 

Infos zu den beteiligten Personen erhaltet ihr hier:
http://www.fenna-williams.com/
http://www.gitta-edelmann.de/ 
https://www.marvinentholt.com/ 

 

„Kalter Schuss ins Herz“ – Wallace Stroby

Kalter Schuss ins Herz – Wallace Stroby


„Drei Minuten nachdem sie durch den Haupteingang gekommen war, hatte Crissa den Manager und die zwei Angestellten mit dem Gesichtern auf den Boden, die Hände mit Kabelbindern auf den Rücken gefesselt.“

Sie kommt, räumt ab und verschwindet wieder. Crissa Stone ist Räuberin, Ganovin, Einbrecherin. Keine Femme fatale, kein Herzchen, welches auf High Heels versucht, Männern den Kopf zu verdrehen oder gar eine 130 Kilo Amazone. Crissa ist eher eine hübsche Durchschnittsfrau, die nicht aus der Masse hervorsticht und somit attraktiv-unauffällig wirkt. Sie setzt sich in ihrem „Geschäftsfeld“, einer Männerdomäne, durch. Das geht nicht immer ohne Blessuren ab. Waffen gehören zu ihrem Arbeitsmaterial, dienen zur Abschreckung und weniger dazu Menschen tatsächlich zu verletzen oder zu töten. Um einen guten Bruch zu machen nutzt sie ihr Köpfen. Kann gut abschätzen, ob sich der Einsatz tatsächlich lohnt oder ob zu viele Komplikationen auf sie warten.

Bis zu dieser Sache im Süden. Es schien nicht einfach, aber durchführbar. Etwas läuft aus dem Ruder und unversehens landet Crissa in einer Geschichte aus Rache und Gier, welche sie mit dem Leben bezahlen könnte.


Eine weibliche Räuberin, die nicht mit Reizen punktet. Schurkin, Heldin und Opfer in einer Person. Kein schießwütiges Flintenweib, keine perfekte Kampfsportmaschine, die mit ihrem kleinen Finger mehr Unheil anrichtet, als eine Herde wild gewordener Büffel. Crissa ist eine teamfähige Einzelkämpferin mit Gewissen und einer Schublade voller persönlicher Dämonen, welche sie immer wieder einholen.


„Als Casco sich vorbeugte, sein Gesicht im Safe, setzte Eddie ihm einen Fuß zwischen die Schulterblätter, um ihn dort zu halten und schoss ihm zwei Mal in den Hinterkopf.“


Womit wir bei Crissas Gegenspieler wären. Der heilige Eddie. Ein böser Bube, ohne Gewissen, welcher dem Roman erst richtig Spannung und Tempo gibt. Ihm muss sich Crissa entgegenstellen, will sie nicht ihr Leben verlieren.


„Ich mochte die Idee einer starken, aber verletzlichen Frau, die sich in einer Männerwelt behauptet“, schreibt Wallace Stroby über seine Hauptdarstellerin. Meiner Ansicht nach hat der Autor dieses perfekt getroffen und umgesetzt. Ohne Schnickschnack und Adjektiv-Heischerei bringt Wallace Stroby seine Geschichte auf den Punkt. Personen und Orte sind klar und nicht überzeichnet, so dass die Phantasie des Lesers gefordert wird und er aus den gesetzten Eckpunkten sich selbst, ohne großes Federlesen, eine Vorstellung von dem machen kann, was er gerade liest. Das liegt an Wallace Schreibstil, welcher in bester, klassischer amerikanischer Manier daher kommt. Hard-Boiled nennt sich dieses Genre, in dem die Protagonisten viele Actionreiche Szenen erleben dürfen und selbst die vermeintlich ruhigeren Abschnitte nicht ohne Spannung bleiben.


Die Geschichte ist linear erzählt aus der Perspektive des personalen Erzählers. Somit gibt es keine Rückblicke in die Vergangenheit der Figuren, es sei denn, sie erzählen davon. Der Roman ist, trotz seiner Reminiszenz an Serien wie z.B. 77th Sunset Strip, modern und aktuell, aber eben mit klassischen Motiven wie im Mafiagenre.

Leseempfehlung? Ein ausgesprochener Lesespass mit großer Sogwirkung!


Kalter Schuss ins Herz – Wallace Stroby

Krimi

Erschienen im August 2015 im Pendragon Verlag

352 Seiten

Klappbroschur

ISBN-10: 3865324878

ISBN-13: 978-3865324870

Auch in der Kindl-Edition erschienen

ASIN: B015MRKDSE

Leseprobe: http://www.weiterlesen.de/Leseprobe/Kalter-Schuss-ins-Herz/9783865325167/html

„Nichts bleibt“ – Willi Achten

Nichts bleibt – Willi Achten


„Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran.“ Robert Capa.
Er ist ein preisgekrönter Kriegsfotograf und hat alles an Grauen gesehen, was es in der Welt gibt. Um seine Seele zu retten oder zu reparieren, zog Franz Mathey schon vor Jahren zu seinem Vater ins Elternhaus, in einen idyllischen Wald, fern von Gewalt. Hier wuchs auch lange sein Sohn auf, der aber nach einem Unfall zur Mutter in die Schweiz zog. Als Matheys Vater Opfer einer Gewalttat wird, sinnt er auf Rache.
Kurz vorweg – dieses Buch ist nichts für sehr feinfühlige Leser. Die Kriegsszenen sind sehr eindrücklich und detailliert beschrieben!
Es ist schwierig den Einstieg in diese Rezension zu finden, da der Roman bei mir sehr viele Eindrücke interlassen hat. Zum einen ist es ein Buch, welches mit seinen Worten fern vom Mainstream, mitunter philosophischen Abschnitten geschrieben wurde. Zum anderen hat es Aspekte eines Schweden-Krimis, welche düster, grau und schwermütig daherkommen.
„Zum Schluss gesellte sich zu ihm die Zeit, die verstrich, ohne dass sie ihn heilte, ohne dass sie ihn in den Tod entlassen wollte. Eine leere vor sich hinlaufende Zeit, eine Zwischenzeit ohne jeden Sinn.“
Der ganze Roman ist ein einziges Hoffen und Bangen, da sich alles um das Thema Verlust dreht. Der Autor Willi Achten lässt seinen Hauptdarsteller selten wirklich lange entspannen und Luft holen. Selbst für den Leser ist das Unheil greifbar.
„Die Spuren zogen von dort hinaus in den Gemüsegarten, dann zum Bach. Die Fußspuren zweier Männer. Ich spürte ein Flimmern im Bauch. Jemand mochte sich verirrt haben. Ich wusste, dass es nicht stimmte. Die Spuren waren noch ganz frisch.“
In seinen Beschreibungen schwenkt Achten im Leben von Manthey oft fließend von der Gegenwart in die Vergangenheit und fordert demzufolge eine erhöhte Aufmerksamkeit ein. Die Gegenwart wird somit durch Ereignisse in der Vergangenheit unterstrichen und Verstärkt.
„Wut ist ein Pervertin in unseren Adern, es löscht die Angst.“
Der Roman ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil beschreibt Achten, wie Matheys Leben aus dem Ruder gerät, wie seine Welt sukzessiv zusammenbricht, er sich in den Strudel der Rache hineinziehen lässt. Achten fokussiert sich auf die Grundlagen für den Showdown im Teil. Dieser beginnt zunächst entspannt, geradezu erholsam. Mathey zieht sich in die Berge zurück um zum finalen Schlag gegen seine Widersacher auszuholen. Ein Schlag, bei dem er selbst nicht genau weiß, wie er endet.
„Der Schnee schmolz. Der Winter hatte nur kurz gegrüßt. Ich intensivierte mein Training, nutzte die Zeit. Jeden Tag stieg ich 500 Höhenmeter, danach ging ich zu Fred. Er betrieb im Dorf ein Fitnessstudio.“
Fazit: Es sind die Beschreibungen und die Wortgewalt, mit denen mich Willi Achten völlig in seinen Bann gezogen hat und es schwer machten, das Buch aus der Hand zu legen.
Leseempfehlung? Zweifelsohne. Für mich war das Buch aufwühlend und mitreißend. Es fiel mir schwer, es für längere Zeit aus der Hand zu legen.
Für wen?  Krimifans, welche nicht ausschließlich dem Mainstream folgen, werden hier in meinen Augen bestens bedient.
Nichts bleibt – Willi Achten
Krimi
Erschienen 201 im Pendragon Verlag
376 Seiten
Klappbroschur
ISBN-10: 3865325688
ISBN-13: 978-3865325686
Auch in der Kindl-Edition erschienen
ASIN: B01N6XOK1V



„Das Rosie-Projekt“ – Graeme Simsion

Das Rosie-Projekt – Graeme Simsion


Was passiert, wenn ein Mann die Frau fürs Leben sucht? Vielleicht nutzt er eines der bekannten Dating Portale und trifft sich mit verschiedenen Kandidatinnen, in der Hoffnung Mrs. Right befindet sich darunter. Was aber macht ein Mann, mit eher gehemmter Empathie, mit festen Lebensritualen und sehr konkreten Vorstellungen, einem Nerd, dem funktionale Kleidung wichtiger als formale ist? Er entwirft einen sehr genauen Fragebogen, um damit die Frau zu finden, welche 100%ig zu ihm passt. Im Grunde genommen eine schöne Idee, um schon im Anfangsstadium die Spreu vom Weizen zu trennen. Raucherin? Niemals. Vegetarierin? Auch schwierig. Unflexibel bei der Auswahl einer Eissorte? Unvorstellbar. Unpünktlich? Nein, danke. Don Tillman ist Professor für Genetik. Er sucht Mrs. Right mittels eines 16-seitigen Fragebogens, der ebendiese Fragen abklärt und sich schnell als eher hinderlich als hilfreich erweist. Dann trifft er auf Rosie, die rätselt, wer ihr leiblicher Vater ist. Was bietet sich für die Barkeeperin besser an, als die Hilfe eines Genetikers in Anspruch zu nehmen? Da Rosie notorisch unpünktlich ist, eher nachts als tagsüber arbeitet, raucht und Vegetarierin ist, sind zwischenmenschliche Dinge, welche über eine Bekanntschaft hinausgehen völlig ausgeschlossen …
„Ich bin neununddreißig Jahre alt, groß, durchtrainiert und intelligent, mit relativ hohem gesellschaftlichem Status und überdurchschnittlichem Einkommen als Assistenzprofessor. Gemäß den Gesetzen der Logik sollte ich für eine ganze Reihe von Frauen attraktiv sein. Im Reich der Tiere würde ich mich erfolgreich vermehren. Offenbar jedoch habe ich etwas an mir, das Frauen unattraktiv finden.“
Es gibt sie, die vielschichtigen Geschichten über das Leben von Autisten. Wie in Rain Man werden Klischees an Land gezogen und minutiös dem Leser als typisch verkauft. Autisten sind verschlossen, körperfern gegenüber Mitmenschen und benötigen einen perfekten, abweichungsfreien Tagesablauf.  Der von Autor Graeme Simsion in der Ich-Version erzählende Protagonist Don ist Asperger Autist, allerdings ohne Diagnose. Er selbst hält sich für anders, sieht aber selber keinen Zusammenhang mit den aufgezeigten Syndromen. Er weist auf den ersten Blick, die landläufig als typisch bezeichneten Asperger Merkmale auf und zeigt doch in der Interaktion mit ihm vertrauten Menschen oder Situationen ein gutes Maß an Flexibilität. Eine hervorragende Grundlage für den Roman.
In lockeren, aber auch nachdrücklichen Kapiteln erzählt uns Simsion die Entwicklung einer ganz besonderen Beziehung, welche man klar mit „Gegensätze ziehen sich an“ definieren kann. Ohne in gnadenlosen Slapstick zu verfallen, schildert er das oft komische Scheitern von Don in der normalen Gesellschaft oder auch Rosies grob anmutendes Verhalten ihm gegenüber. Es entwickelt sich beim Leser eine große Sympathie für die beiden, so dass sich der Roman zu einem leichtfüßiger Pagetuner entwickelt, den man nur ungern aus der Hand legt. Rosie ist alles andere als empathielos, im Gegenteil, ohne es manchmal selbst zu wissen, wirkt sie mit viel Gefühl auf Don ein und gibt ihm neue Impulse oder Nachhilfe in Alltagssituationen.
„Während sie mit meinem …“, hier hob Rosie die Hände und bewegte ihre beiden Zeige- und Mittelfinger zweimal kurz nach unten, „… Vater zusammen war. Mein richtiger Vater ist ein Arzt. Ich weiß nur nicht, welcher. Das kotzt mich wirklich an.“
Diese Handbewegung faszinierte mich, und ich schwieg eine Weile, um ihren Sinn zu ergründen. War es ein Zeichen von Unmut gewesen, weil sie ihren richtigen Vater nicht kannte? Wenn ja, so hatte ich diese Geste noch nie gesehen. Und warum hatte sie gerade diesen Moment gewählt, um ihren Unmut zu bekunden … natürlich! Als Satzzeichen!
„Anführungszeichen“, sagte ich laut, als es mir aufging.
„Was?“
„Sie haben Anführungszeichen um >Vater< gesetzt, um darauf hinzuweisen, dass das Wort nicht die üblichen Bedeutung hat. Sehr clever.“
„Sie sind ein echter Einstein“, kommentierte Rosie.
Fazit: Das Rosie-Projekt ist ein liebenswert, nicht ohne Tiefgang geschriebener Roman, mit einer gehörigen Portion Humor.
Leseempfehlung? Klar.
Für wen? Thriller-Liebhaber werden hier ebenso wenig auf ihre Kosten kommen wie Leser von Fachbüchern. Ansonsten heißt es – lesen und herausfinden.



Das Rosie-Projekt – Graeme Simsion
Roman
Erschienen Februar 2015 im Fischer Taschenbuchverlag
367 Seiten
Taschenbuch
ISBN-10: 3596197007
ISBN-13: 978-3596197002
Auch in der Kindl-Edition erschienen
ASIN: B00F9NGOWQ