Sie irren in meinem Kopf umher und sind nicht richtig zu fassen. Wie Autos auf einer Autobahn. Sie nähern sich, lassen sich erahnen, schießen vorbei und verschwinden im Orkus des nicht notierten. Wenn ich Glück habe, dann ist es mal ein Reisebus, dessen Geschwindigkeit fassbar ist, dem ich mit meinem Blick folgen und an dessen Farbe oder Aufschrift ich mich noch ein gewisse Zeitspanne erinnern kann.
Doch meist sind sie fort. Fortgespült von anderen Gedanken, Ideen, Eindrücken.
Ich behaupte von mir ein gutes Gedächtnis zu haben, jedenfalls was unnützes Wissen anbelangt. Ich lese einen Bericht und merke mir genau den Teil, den jeder Andere aus Desinteresse überlesen würde. Es geschieht unbewusst, ohne mein direktes Zutun.
Warum gelingt mir das nicht mit meinen Ideen? Sie sind gut, manchmal vielleicht unausgereift und noch nicht praktikabel, aber sie sind gut! Und doch verschwinden sie.
Es kann mich verrückt machen, dieses Suchen nach der Idee, die ich gestern beim Walken oder Einkaufen hatte. Nur Bruchteile von Sekunden dauern die Bilder in meinem Kopf an, um sich in Luft aufzulösen, um sich auf ewig zu verabschieden. Eben noch war diese punktgenaue Textpassage vor mir. Sie war schlüssig, eine Essenz dessen, was ich mit vielen Worten in einer Rezension auszudrücken versuchte. Weg. Verschwunden. Ohne eine Spur.
Um dieser Idee wieder habhaft zu werden, versuche ich meinen Weg im Gedanken, meine Gefühle, Eindrücke, die ich in eben jener Sekunde hatte wieder herzustellen, zurückzugehen. Alles lässt sich wieder herstellen, nur nicht der eine entscheidende Punkt, eben diese eine Idee.
Wenn ich davon ausgehe, dass ich nur einen Bruchteil meiner Gehirnkapazität nutze, dann ärgert mich das. Es ist eine Hochleistungsmaschine, deren Gebrauchsanweisung verloren gegangen ist. Eine Festplatte, deren Speichereigenschaft verstellt wurde und die eigenmächtig Dinge oder Ereignisse löscht. Wie eben meine Idee. Wurde sie tatsächlich gelöscht oder eben nur falsch abgelegt. Welchen Schlüssel benötige ich um die eine entscheidenden Schublade zu öffnen, in der all diese großartigen Einfälle liegen?
Der Schlüssel liegt im Unterbewußtsein. Es kommt vor, dass ich morgens aus einem Traum erwache und genau weiß, dass ich gerade eben noch etwas ganz entscheidendes dabei gesehen habe. Es beschäftigt mich den ganzen Tag und dennoch kann ich mich ihm nicht annähern. Da ist es! Auf einer Bühne. Eigentlich ganz klar und deutlich. Doch davor weht ein fast transparenter Vorhang, der zwar im Wind weht, sich aber nicht heben will. Somit erkenne ich wieder nur Schemen, die klaren Umrisse beiben mir verborgen.
Und nun? Nichts. Ideen sind wie Jahreszeiten, sie kommen und gehen, sind mal wärmer mal kälter, bleiben in Erinnerung oder eben nicht. Man muss Rinnsaale fließen lassen damit sich daraus vielleicht einmal ein Fluß oder ein Meer bilden kann. Ein Meer an Ideen, welches unausschöpflich ist, in das man beizeiten eintauchen kann, um dessen verborgene Schätze zu heben.
Die Muse küsst einen hier und da. Sie ist ein zickiges Weibsbild, welches sich nicht zum Verweilen verdammen lässt, welches einem nie den richtigen Weg weist, nur eine grobe Richtung angibt. Sie erscheint niemals pünktlich zu einem Termin, trägt auch nicht immer die angemessene Gaderobe und bringt genau damit deine Synapsen zum Glühen.