Da war ich doch vor nicht allzulanger Zeit auf der Lesung in der Offenen Zeltstadt – Bergheim.
Eingeladen dazu hatte mich, wie so oft, die wunderbare Regina Schleheck. „Komm mit – Du musst endlich Myk und Michael kennenlernen.“ Gesagt getan. Wie es sich für eine fürsorgliche 5fach Mutter gehört, holte Regina mich mit dem Schleheckschen Mobil ab, wo bereits Michael Schönen den Beifahrersitz besetzte.
Nach einigem Suchen wurden wir fündig und betraten das Gelände. Irgenwo im Nirgendwo wächst jedes Jahr aus verschieden großen Zelten eine kleine Stadt in der Jugendliche (ab 14 Jahre) und Erwachsene sich 2 Wochen zusammenfinden um zu basteln, musizieren, Filme gucken, Talentproben veranstalten usw. Alle Veranstaltungen sind kostenlos und die Preise für Übernachtung und Verpflegung erschwinglich.
Aber zurück zum Thema. Die Autoren trafen vor Ort zusammen und besprachen den Ablauf.
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Regina Schleheck, Michael Schönen |
Den Anfang machte Michael Schönen, der sich selber als „Autor, Wortakrobat, dicklicher Dichter“ bezeichnet. Er zog das Publikum direkt in seinen Bann, indem er sein Gedicht „Als ich einmal mit einer Frau, die ich im Kölner Karneval kennenlernte, eine spontane Weltreise unternahm“ vortrug und mit Aussagen wie
„Bilden Sie noch mal einen Satz mit… Crème brûlée:
Nicht die Kö ist länger die In-Meile, nee!
Wo trifft die sich die Creme de la Creme? Brühl, ey!,
die in dritter Reihe sitzenden Germanistik Studenten vor Verzückung aufkreischen ließ.
Nachdem die Lachmuskeln ausreichend strapaziert wurden, brachte Regina Schleheck etwas Ruhe ins Publikum. Ihre Geschichte „Barb goes Timmendorf“, in der sich eine Teenagerin unfreiwillig als Teil eines Patchwork Familie wiederfindet und sich mit einem ganz in Pink gehaltenen Kind und dazu passenden Hotelzimmer auseinandersetzen muss, ließ die Zuhörer aufatmen und ein klein wenig nachdenklicher werden.
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M. Jung, R. Schleheck, M. Jung |
Doch Schluss damit – Auftritt Myk Jung! Was für eine Stimme – nicht genial, nein, KONGENIAL! „Verzögerte Ausreise“ erzählt die Geschichte von Rocco, wie er im Jointrausch am Flughafen steht und den Tag Revue passieren lässt. Er ist auf der Flucht, da er Schuld daran trägt, dass es auf einem AC/DC Konzert 15 Tote gab. Ursache hierfür: ReggaeMusik. Und da Reggae Musik und der Genuss von Marihuana die Sinne benebeln, hat Myk Jung es vorgezogen, Roccos Geschichte gleich 3 mögliche Enden zu verpassen.
In der Folge wechselten sich die Autoren mit Ihren Geschichten ab und begeisterten das Publikum, wobei man sagen muss, dass der große Abräumer einfach Michael Schönen war.
Alleine sein Gedicht „Nunft“ welches auf deutlichste darstellt, was passiert, wenn man eine Kleinigkeit weglässt, darf der Welt nicht vorenthalten und muss hier gepostet werden:
Nunft
Dank der -einten Willenskraft
wird das „ver-“ nun abgeschafft!
Ich sag Euch das eine:
Künftig werden alle Leute -nünftig!
Alles wird sich umgestalten:
Menschen werden sich dann -halten,
Reiche nur ihr -mögen -mehren,
Männer dann mit Frauen -kehren,
ab und zu im Bett mal -sagen…
Die Gerichte werden -tagen,
-handeln und ein Urteil -künden.
Priester -geben uns die Sünden.
Menschen werden andre -lassen,
wer zu spät kommt, der wird -passen.
Man kann sich den Magen -stimmen.
Starke werden Schwache -trimmen.
Viele werden ungebeten
ihren Chef im Urlaub -treten.
Die Regierung wird mit größtem
-gnügen -schaukeln uns, und –trösten,
und sich in den meisten Fällen
in der Öffentlichkeit -stellen.
Wenn es an dem „ver-“ nicht läge,
unterschrieben Sportler -träge!
Schilder würden nur noch -bieten,
-mieter dann an Mieter -mieten,
und man würde unter Gleichen
sich fortan die Hände reichen.
Denkt euch nur: Ganz plötzlich müssten
-hören uns die Polizisten,
Kriegs-brecher, die Waffen -wenden,
würden so den Krieg beenden,
Bomben würden plötzlich -nichten,
wenn nur auf das „ver-“ wir -zichten,
und Kadaver würden -wesen.
Geistig -wirrt steh´n wir am Tresen.
Langsam nur wird uns bewusst:
Schön wär´ diese Art von -lust.
Ein Abend geht zu Ende – in der Zeltstadt mit einem großen Lagerfeuer und dem ein oder anderen Lachtränchen im Auge. Danke an die drei unterschiedlichen und wortreichen Schriftsteller.
Weitere Informationen zur Zeltstadt und den Autoren:
http://zeltstadt.woanders.org/
http://www.regina-schleheck.de/
http://www.mykjung.de/
http://jambensau.jimdo.com/