Und nie sollst du vergessen sein – Jörg Böhm |
Urlaub in Nöggenschwiel. Emma Hansen hat ihn sich redlich verdient und sinnt auf ein paar Tage in Ruhe und Erinnerung. Doch die Idylle trügt und schnell gerät Emma in die Nachforschungen nach ihrer alten Urlaubsfreundin Charlotte, welche vor 15 Jahren spurlos nach ihrer Krönung zur Rosenkönigin spurlos verschwand. Als dann auch noch an der nahe gelegenen Talsperre die Leiche eines Dorfbewohners gefunden wird, ist es mit der Beschaulichkeit im Ort dahin. Die zuständige Polizeistation ermittelt und auch Emma kann ihren Beruf nicht verleugnen und stellt Fragen. Nicht nur der allgengewärtige Herbstnebel scheint die Sicht auf die Hinweise zu verhüllen, sondern auch immer neue Informationen und Begebenheiten lassen sowohl Polizei als auch Emma zweifeln, ob sie bei ihren Ermittlungen auf dem richtigen Weg sind.
Und NIE sollst du vergessen sein – prangt auf dem Buchcover. Dazu zwei verblühte Rosen im Schnee. Greifbare Vergänglichkeit in zarten Farben und doch auch der Gedanke, dass Schnee nicht nur alles abdecken kann, sondern auch konserviert und zu gegebener Zeit, wenn der Schnee wegtaut, auch jedes noch so kleine und schmutzige Detail wieder zum Vorschein bringen kann.
Ein kleines touristisches Dorf im Südschwarzwald, eine Kommissarin, die nach langer Zeit dorthin zurückkehrt und eine junge Frau, die seit 15 Jahren verschwunden ist. Auf den ersten Blick nichts, womit der Autor Jörg Böhm den geneigten Krimileser aus dem Sessel reißen könnte. Alles schon mal da gewesen – oder eben auch nicht. Denn es sind nicht nur die Grundzutaten, welche ein Gericht schmackhaft machen, sondern es sind die Gewürze, die der ganzen Sache Pep verleihen. Und so liest man sich schnell hinein in den Krimi, blättert Seite um Seite und wird hineingezogen in diese Geschichte um Verlust, Trauer, Wut und Rache – welche dem Roman richtig abgestimmt die richtige Würze verleihen.
Jörg Böhm ist ein guter Koch, der seine Hausaufgaben gemacht hat. Nach und nach fließen immer neue Informationen und Hinweise in die Geschichte mit ihren verschiedenen Handlungssträngen mit ein. Er schreibt ausgesprochen detailliert, mit einem Hauch Poesie, so dass man schon aufhorcht, wenn mal etwas nur oberflächlich angedeutet wird.
„Aus den Tälern war bis zum Abend allmählich dichter Nebel aufgezogen. Ein Nebel, über den die Nöggenschwieler sagten, dass er sich bewegen würde wie ein alter Greis. Schleppend, aber beharrlich, mit festem Willen und endlos viel Zeit.“
Es erinnerte mich ein wenig an englische Krimis, in denen selbst die Ornamente einer Tischdecke und deren Farben bis ins Detail beschrieben werden – versucht den Leser damit abzulenken.
„ … sagte Strittmatter und öffnete die Tür des Kombis, der mit seiner silber-grauen Farbe perfekt zum melancholisch-grauen Novemberhimmel passte.“
Doch sollte man sich hier nicht täuschen lassen und aufmerksam bleiben, denn hinter manchen Beschreibungen verstecken sich wichtige Hinweise, welche zur Lösung des Rätsels benötigt werden.
Nicht nur in Nöggenschwiel herrscht Nebel, sondern auch über den Figuren. Jörg Böhm haucht seinen Charakteren ganz langsam Leben ein, lässt ihnen und der Geschichte Zeit sich zu entwickeln. Seite für Seite taucht der Leser sowohl in Emmas, als auch in das Leben der Anderen ein. Und doch bleibt ein leichter Grauschleier zurück, welcher sich nicht richtig heben will. Emma wirkte auf mich stellenweise behäbig, manchmal fast begriffsstutzig und brachte mich damit fast zu Verzweiflung, da Hinweise auf der Hand lagen. Jedoch wird im Laufe des Romans klar, wieso Jörg Böhm seine Ermittlerin genau so angelegt hat.
Zusammenfassend kann ich hier von einem gelungenen Debüt sprechen und ich freue mich auf den nächsten Emma Hansen Fall.
Leseempfehlung? Ja.
Für wen? Nichts für blutrünstige und ungeduldige Leser.
Und nie sollst du vergessen sein
Schwarzwald-Krimi
Erschienen: 11.07.2013 im G. Braun Buchverlag
Broschiert
381 Seiten
20,4 x 13,6 x 3,8 cm
ISBN: 978-3765084263
eine tolle Rezi …gefällt mir sehr !
Vielen lieben Dank. 🙂