Rezi „Unter dem Südseemond“ – Regina Gärtner

Unter dem Südseemond – Regina Gärtner





Am Ende des 19. Jahrhunderts wird die in Köln lebende Alma Hinrichs wider Willen, kurzfristig mit dem ihr völlig fremden und bereits 34jährigen Hermann Stieglitz verheiratet, der kurz darauf mit ihr nach Samoa auswandert. In der Südsee möchte Hermann es zu dem Ansehen und den Aufstieg schaffen, der ihm in Köln verwehrt geblieben ist. Alma fügt sich dem Willen ihres Vaters und Ehemanns, trotz allergrößter Bedenken, erlebt eine Reise ins Ungewisse und betritt im Winter 1899 den Landungssteg in Apia, der Hauptstadt Samoas. Hier richtet sie ihr neues Leben ein. Fern von Hunger, Kälte und Schnee, residiert sie nun in einer Villa nebst Personal auf einer paradiesischen Südsee Insel. Der Äußere Glanz trügt, denn die Liebe zum Ehemann will nicht entfachen, der Nachwuchs lässt auf sich warten, Naturkatastrophen suchen die Insel heim und die deutsch-englischen Herrschafts-Fehden in der Kolonie schwelen. Almas einziger Lichtblick ist Joshua Fitzgerald, ein Seemann der ihr das Leben gerettet hat und ihr nicht mehr aus dem Kopf geht.

Exotische Blüten und Vögel, eine nur mit einem Pareo und Hut bekleidete Frau an einem Strand, Pfahlbauten im Wasser – das Cover von Unter dem Südseemond kommt wahrlich paradiesisch daher. Es vermittelt Wärme und Leichtigkeit, lädt geradezu zum Lesen an einem verregneten, kalten Wintertag ein.

„Gibt es dort Kannibalen?“ „So ein bodenloser Unsinn, Alma. Was soll das?“, entgegnete Leopold Hinrichs ungehalten. „Na ja, Herr Hinrichs – so ganz Unrecht hat Alma nicht. Auf einigen Inseln der Südsee gibt es Menschenfresser, und auch Kopfjäger.“ Er wandte sich wieder Alma zu. “Aber nicht auf Samoa, wo wir leben werden. Bitte sagen sie ja, Fräulein Alma, und machen sie mich glücklich.“

Samoa ist am Ende des 19. Jahrhunderts eine deutsche Kolonie, welche die Heimat mit exotischen Produkten versorgt und einen wichtigen Außenhandelsposten darstellt. Nie hätte die junge Alma gedacht eines Tages so fern ihres geliebten Kölns zu leben. Aber die familiären Umstände zwingen sie dazu und sie versucht in der neuen Heimat Fuß zu fassen. Schnell wird klar, dass es keineswegs ein Leben im Paradies wird, sondern eines im goldenen Käfig, geprägt von den Wünschen und Erwartungen der Umwelt.

Ein interessanter Plot, den Regina Gärtner da entwickelt und zu einem, mit wunderbaren Wortbildern versehenen Roman geschrieben hat. Eine Geschichte um Verlust, Geheimnisse und Hoffnung, gepickt mit historischen Daten und Hintergrundwissen, die die Begebenheiten in der Kolonie dem Leser anschaulich nahebringen.

Am Anfang überschlagen sich die Ereignisse in Almas Leben und der Leser wird rasch in die Geschichte mit hineingezogen. Es folgt eine ausführliche Beschreibung der Schiffsreise an das andere Ende der Welt, so das die Schilderungen aus dem eher tristen und grauen Köln immer mehr verblassen und die Neugierde auf Almas neues Leben wachsen lässt. Mit der Ankunft auf der Insel geht sowohl die Erzählung als auch Almas Entwicklung stetig voran.

Allmählich nimmt die Geschichte immer mehr Farbe an, sowohl Orte als auch Personen. Die ersten beiden Drittel bleibt der Roman trotz einiger Spitzen im Grunde in einem eher ruhigen Fahrwasser und bedient somit die Genießer unter den Lesern auf angenehmste. Im letzten Drittel des Romans wartet Regina Gärtner dann mit einer Wendung der Geschichte auf, welche die Erzählung weiter voran treibt nochmal richtig Spannung hineinbringt.

Selbstverständlich nimmt sich Regina Gärtner auch des Themas unerfüllte Liebe an. Es darf hemmungslos geschmachtet werden, wenn Alma erstmals Joshua begegnet, sich in ihrer Naivität suhlen, wenn sie sich in Tagträumen mit dem gut aussehenden Seemann wähnt. Doch ohne mit der Wimper zu zucken, lässt Regina Gärtner ihre Hauptdarstellerin leiden, leiden und nochmals leiden. Ein kleiner Silberstreif am Horizont glimmt immer wieder auf, so dass das Prinzip Hoffnung gilt.

Das Schlagwort des Romans ist in meinen Augen „Entwicklung“. Alma entwickelt sich vom folgsamen, schüchternen Schneiderstöchterlein zur, für damalige Verhältnisse, emanzipierten Frau. Nach und nach legt sie ihre Scheu und ihre streckenweise erschreckende Naivität langsam ab, lernt stetig sich in neuen Situationen zu Recht zu finden um sich ein ums andere Mal dem Leben zu stellen.

Fazit: Ein wärmender Lesegenuss für kalte Tage.

Leseempfehlung? Natürlich.

Für wen? Für entspannte Leser, die einer Geschichte Zeit zum Wachsen geben, der Liebe einen Raum geben und sich gerne in tolle Bilder und Szenen entführen lassen.

Unter dem Südseemond – Regina Gärtner

Roman

Erschienen 11.09.2013 im Heyne Verlag

18,6 x 11,8 x 4,6 cm

592Seiten

Taschenbuch

ISBN 978-3453411531

Eine Antwort auf „Rezi „Unter dem Südseemond“ – Regina Gärtner“

  1. Huhu Rita! 😉
    Hast du schon vom Bloggernetzwerk gehört? Wenn nicht, dann lass ich dir mal kurz den Link zum Hintergrund des Blogs da:
    https://bloggervernetzt.wordpress.com/an-blogger/
    Ich bin dort jedenfalls seit kurzem Mitglied und würde mich sehr freuen, wenn ich deine Rezension hier zu "Unter dem Südseemond" verlinken dürfte. (Und mit deiner Erlaubnis auch in Zukunft ein paar deiner Rezensionen?)
    Und hier sende ich dir auch einen Beispiellink, wie es das Ganze im Endeffekt aussieht:
    https://bloggervernetzt.wordpress.com/2015/03/27/die-sieben-schwestern-01-von-lucinda-riley/#more-1436

    Ganz lieben Gruß ♥,
    Janine

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